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12. Juli 2019 - 31. August 2019
Andreas Dress (Jg. 1944) nimmt als Maler und Grafiker eine besondere Stellung in der deutschen Gegenwartskunst ein. Wie kein anderer hat er den „Taumel im Diesseits“ beschrieben und aus dem traditionellen Totentanz einen Lebenstanz entwickelt, hat er mit zahllosen Schichtungen und Überlagerungen die ikarischen Höhenflüge und apokalyptischen Abgründe des Menschlichen bildnerisch verwandelt.
Er ist ein Künstler, der alle Möglichkeiten bildnerischen Ausdrucks für sich experimentell auslotete. Er beschäftigte sich mit Holzschnitt, Radierung, Lithografie, Serigrafie, drehte 8mm Zeichen-Filme, bemalte Friese, beschäftigte sich mit dem Künstlerbuch, dass auch raumgreifende Dimensionen anzunehmen vermag. In einem Ausstellungszyklus widmet sich die Galerie Mitte dem druckgrafischen Werk: 2016 wurden seine frühen Holz- und Linolschnitte, einem experimentellen „Intermezzo“ seines Schaffens gezeigt, 2017 folgte eine Ausstellung mit einer Auswahl von Arbeiten des lithografischen Werkes, unter dem Titel „Steinzeit“.
2018 standen Radierungen unter dem Thema: KONTINUUM, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. 2019 folgt die Technik des Siebdrucks in Korrespondenz mit neuen Bildern unter dem Titel „LICHTBlICK“.
Die schwarze Magie des Druckens zieht sich durch sein Gesamtwerk. Dress ist ein Spezialist und schreckt vor keiner noch so aufwendigen Kombinationstechnik zurück. Das ist ein Aufwand, dem sich heute kaum ein Grafiker kaum mehr hingeben möchte. Andreas Dress rang immer wieder um Klarheit im Experiment: Weltenanfang und Weltenende. Lebenslust und Melancholie, Einsamkeit und Harmonie, Abstammung und Zukunft gehen ineinander über im Bildkosmos von Andreas Dress, im Spiel der Kräfte, in deren Ausgewogenheit das Geheimnis der Schöpfung liegt. Dem vermeintlichen Chaos gab er bereits früh eine innere Ordnung, der Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen, die auf Lebensrhythmen basieren.
Rede zur Ausstellungseröffnung
“Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Andreas Dress (Jg. 1943) hat, wie kein anderer, den „Taumel im Diesseits“ beschrieben und aus dem traditionellen Totentanz einen Lebenstanz entwickelt. Er ist ein Künstler, der alle Möglichkeiten bildnerischen Ausdrucks für sich experimentell auslotete. Er beschäftigte sich mit Holzschnitt, Radierung, Lithografie, Serigrafie, drehte 8mm Zeichen-Filme, bemalte Friese und beschäftigte sich mit dem Künstlerbuch, das auch raumgreifende Dimensionen anzunehmen vermag.
In einem Ausstellungszyklus widmet sich die Galerie Mitte seinem druckgrafischen Werk: 2016 wurden frühe Holz- und Linolschnitte, ein experimentelles „Intermezzo“ seines Schaffens gezeigt, 2017 folgte eine Ausstellung mit einer Auswahl von Arbeiten des lithografischen Werkes unter dem Titel „Steinzeit“. 2018 standen Radierungen unter dem Thema „KONTINUUM“ im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In diesem Jahr wenden wir uns der Technik des Siebdruckes, der Serigrafie zu.
Andreas Dress rang immer wiederum Klarheit im Experiment, denn selbst die Konturen der Figurationen sind von Welt durchdrungen. Dem vermeintlichen Chaos gab er immer wieder eine innere Ordnung, der Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen, die auf Lebensrhythmen basieren. Er ist ein universeller Geist, der sich zu einer faustischen Weltdurchdringung bekennt, die die Erosion des Lebens ebenso bespiegelt, wie die sinnliche Ekstase. Hoffnungslos ist er seinen orgiastischen Wachträumen in Metamorphosen und Grotesken ausgeliefert, die er lustvoll aufzeichnet. Immer und immer wieder. Er zweifelt und verzweifelt und wird wieder mitgerissen von der Sinnlichkeit der schönen Stunde auf der Suche nach Arkadien. Es wogt und tanzt auf den Oberflächen im Rhythmus von Hell und Dunkel, Tag und Nacht, Traum und Wirklichkeit, Groß und Klein, Heiterkeit und Ernsthaftigkeit, Wahn und Sinn.
Das Zeitalter der Aufklärung haben wir hinter uns gelassen, davon ist Andreas Dress überzeugt. Er überlässt sich der Linie, die Sicherheit verheißt und konturiert seine lebendigen Geschichten, lauscht in sich hinein und entdeckt abgründig diabolische, lieblich verspielte, himmlisch apokalyptische, monströs lustvolle, farbenfroh sinnliche Zugehörigkeiten und genießt die schwebenden Verstrickungen seiner „Bagage“. Andreas Dress ordnet neu, erlöst die Moral, die Konvention, betritt Neuland und erliegt der immer währenden Versuchung, das Mysterium leben über alle Unwägbarkeiten hinweg, zu enträtseln. Als geistvoller Spötter, formvollendeter Träumer, unermüdlicher Kunstschöpfer, der im Glauben um irrationale Zusammenhänge Schicksal spielt, bereut es nicht, dass Eva Adam den Apfel der Erkenntnis gab. Er schafft arkadische Eilande, Inseln des Glücks, wohl wissend, dass der Höllenschlund nach jedem greift. Einst verewigte er auf einer seiner Arbeiten folgenden Text:
„Arkadien, du fernes Land, wo du liegst ist unbekannt. Dieses Sehnen, diese Sucht nach den Ufern deiner Bucht, nach dem ruhig sichren Hafen, wo die Träume endlich schlafen, nagen stets an meinem Herzen oder liegst du, welche Lust. Nah bei mir in meiner Brust? Leicht zu finden, schwer zu halten? In den Stürmen dieser kalten Welt, die uns umbraust sind wir gänzlich unbehaust. Kehr ich ein in meine Seele, dass in diesem Land mich niemand quäle.“
“15 Grüße aus Arkadien” sind die Vorzugsgrafiken in dieser Ausstellung. Linien, zart tänzelnde, sich im Nichts findende, aggressiv sezierende, Formen auslöschende, figürlich bestimmende – umreißen die ekstatische PARADE von menschlichen Leibern zwischen Höhenflug und Höllensturz. Sie sind in Farben gebündelt, die das Kaleidoskop durchsichtig machen, Tiefen ausloten und ein Schweben ermöglichen.
LICHTBLICK – der Titel der Ausstellung belegt die Hoffnung des Künstlers der Endlichkeit allen Wünschens und Begehrens mit seiner Bildwelt zu trotzen, eine ewig währende Spur zu hinterlassen.
Er ist seinen Weg gegangen, ohne nach links und rechts zu schauen, ohne sich aus der Bahn werfen zu lassen. Und er hat die Tage und Nächte genutzt. Er hat ein grandioses Werk geschaffen. Seine Kunst vermittelt zwischen unserem Glück und unserer Enttäuschung. Manchmal schwillt sie zu einem Entsetzensschrei an. Manchmal gibt sie dem Vergänglichen dauernden Wert und Sinn. Manchmal beschreibt sie unsere Wünsche, manchmal unsere Ängste. Manchmal ist sie erfüllt von einer Heiterkeit, einem Farbklang und einem Klangzauber, der mitreißt. So ist Kunst, im Besonderen die von Andreas Dress – wie frei oder anarchisch auch ihre Ausdrucksweise auch ist – immer eine Bitte um größere Beherrschung des Lebens, zuweilen auch mit bitter-ironischem Zungenschlag. Ich bin sehr dankbar, dass ich Andreas Dress seit meinem 23. Lebensjahr begleiten durfte.”
Karin Weber
11.07.2019