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14. September 2018 - 20. Oktober 2018

Die Werke in der Ausstellung, stellen so etwas wie eine Visitenkarte des Künstlers Roger Bonnard dar, dem Franzosen, der in Dresden bei Prof. Kettner an der HfBK studierte, der das Gefühl für die Leuchtkraft von Farbe in der sächsischen Eigenbrötlerei nicht verlor, dem Wanderer zwischen den Welten, der nunmehr in Thüringen ebenso bekannt ist, wie in Frankreich. Von ihm sagt man, er wäre durchdrungen von französischem Esprit und deutschem Geist gleichermaßen, man spricht von kontrollierter Emotionalität und intellektueller Sinnlichkeit, um seine künstlerische Weltsicht zu beschreiben. Farbe ist leuchtend, temperamentvoll, atmend und pulsierend gegenwärtig, wie ein lebendiger Organismus. Roger Bonnard zelebriert ein Fest der Sinne und der Sinnlichkeit.
Das Thema, welches er bis zur Abstraktion variierte, ist das Figürliche, um wieder direkt darauf zurückzukommen. Das vordergründig erkennbare Realitätsrelikt hat er immer mehr zurückgedrängt, bis es zum Vorwand eines nahezu autonomen Farbgeschehens wurde, um es dann wieder bewusster einzukreisen. Zahlreiche Serien zeichneten sich ab: Köpfe, Astformationen, imaginäre Landschaften, Lavendelfelder, Stillleben mit Malutensilien, auch in den Miniaturen, den Radierzyklen „pro forma“ und „entre nous“, bona fide“. Immer wieder Akte, sinnlich, verführerisch, Akte wie Landschaften, die nun immer deutlicher hervortreten und sich zu behaupten wagen.
Austellungseröffnung
Am Donnerstag, dem 13.09.2018 wird die Ausstellung um 19:30 Uhr eröffnet.
Rede zur Ausstellungseröffnung:
EIN FEST FÜR DIE AUGEN
Von bodenloser, ja schwindelerregender Leuchtkraft sind die farbgewaltigen Arbeiten von Roger Bonnard, in die man als Betrachter gegenwärtig in der Galerie Mitte unaufdringlich hineingezogen wird. Bonnard postuliert nicht Empfindsamkeit mit einer nach außen sprudelnden Kraft expressiver Weltaneignung. Er arbeitet unabhängig von künstlerischen Leitbildern und dennoch könnte man die stilistischen Eckpunkte Fauvismus und Informel angeben. Farbe ist ein virtuos gehandhabtes Ausdrucksmittel, das sich in der Dreieinigkeit von Wissen, sensibler Erlebnisfähigkeit und Können realisiert.
Diese Harmonie wird erlebbar im Wechselspiel von warmen und kalten, fliehenden und ins Auge springenden Farbtönen. In schwebender Balance gehalten, entsteht dabei ein abstrakt-figuratives Bildgefüge eines „noch nicht“ oder „nicht mehr“, in dessen Farbschmelz diffizile Erfahrungsmomente des Künstlers einfließen. Roger Bonnard greift in die Farbtöpfe und zaubert ein lebendig erfülltes Ultramarinblau auf das Papier und die Leinwand, flammende, glutvolle Rottöne mit zarten, gelben, verwehten Einschlüssen und schwarzen in sich selbst verliebten linear bewegten Akzenten. Und doch …
… verflüchtigt sich Farbe niemals in ein malerisches Nirwana absoluter Malerei. Von Spielarten lyrischer Abstraktion zu körperhaften Farbträgern, vom Strukturellen über das nuanciert Monochrome bis hin zu figurativen Archetypen schlägt das Pendel der Bildschöpfung in beständigem Wechsel. Das Thema , welches Roger Bonnard bis zur Unkenntlichkeit variierte und nicht mehr losließ ist das Figürliche. Denn obgleich es dem Uneingeweihten manchmal nicht so scheinen mag, gehen seine Arbeiten in gewisser Weise vom Gegenstand aus. Das vordergründig erkennbare, wahrnehmbare Realitätsrelikt hat er immer mehr zurückgedrängt, bis es zum Vorwand autonomen Farbgeschehens geworden ist. Serien zeichnen sich ab. Er wählt zunächst den Farbakkord, der seinem Thema entspricht. Dessen Klang in Dur oder Moll bestimmt den Charakter des Bildes. Die Einzelform kristallisiert sich nahezu zufällig heraus. Seine unkonventionelle Frische, sein kompromissloser Sensualismus, seine explosive Lebensfreude durchbrachen bereits Ende der 80er Jahre die eigenbrötlerische, problembeladene Dresdner Kunst.
Der 1947 in Rouen geborene Roger Bonnard kam 1970 durch die Liebe verführt in die DDR. Er studierte Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden bei Prof. Gerhard Kettner und war Meisterschüler bei Prof. Schuster. Bekannt wurde der Künstler mit farbig aufregenden Siebdrucken und Künstlerbüchern. Doch er wirkte nicht nur im sächsischen Raum sondern ebenso in Frankreich und im Thüringischen. 1990 war er Gründungsmitglied der Thüringer Sezession. Heute lebt und arbeitet er in Weimar.
Bonnard schafft „Feste für die Augen“, wie Delacroix sie wünschte und er ist deshalb so überzeugend, weil er es zugleich auf eine sehr bescheidene, zurückhaltende Weise tut. Er meint Farbe, und es ist, als ob er sie neu erschaffen würde in Gegenüberstellungen von großem ästhetischem Reiz. Mit dem spontanen Farbauftrag ob flächig oder leicht pastos erzielt Bonnard zuweilen ein gewölktes Rieseln von oben nach unten, ein rasches Wehen hin und her, das einer Momentaufnahme gleicht, ein geheimnisvolles Funkeln aus der Tiefe. Dennoch vermitteln diese leicht vibrierenden, den Blick aufsaugenden Flächen eine große Ruhe. In einer lyrischen Abstraktion werden aus Flächen und Linien, aus Farbspuren und Pinselstrichen Landschaftseindrücke vermittelt – als schnitte der Künstler Stücke aus Abendhimmeln, als ginge er über tauenden Schnee im Gebirge, als flüchte er durch Wüstensand.
Und dann gibt es diese Bilder aus Farbwolken, die sehr offen und frei wirken. Sie atmen und sind in Bewegung, Farben ziehen wie Nebel auf und verschleiern den Blick. Diese Arbeiten entsprechen einer systematischen Entfesselung der Sinne. Sie verwirren und fordern heraus. Wunderschön die Akte. Den Pinsel tauscht er des Öfteren mit einer Radiernadel ein. Schabend, kratzend und stichelnd stellt er auf den Platten dem verlorenen Paradies nach. Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Zeit dünner. Es ist Selbstbetrug, die Endlichkeit zu missachten, Schönheit zu belächeln und Nähe auszuschließen. Roger Bonnard ist ein Kosmopolit, ein Künstler, der in Farben und Linien denkt und träumt und Grenzen durchlässig macht.
„Wasserzeichen“ nennt Roger Bonnard seine Ausstellung, in der man viele Aquarelle findet von Landschaften, von atmosphärischen Stimmungen und mit den „Dresdner Köpfen“ huldigt er seinen Freunden.
Karin Weber