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12. April - 1. Juni
Collagen und mehr…
“Eine Reise gleicht einem Spiel. Es ist immer etwas Gewinn und Verlust dabei – meist von der unerwarteten Seite.”
Johann Wolfgang von Goethe (aus: ‘Briefe an Schiller’)
Der Aufbruch ins Unbekannte, die Faszination durch fremde Landschaften, Städte, Menschen und Sprachen fördert Unerwartetes zutage. Wesentliche Impulse für meine künstlerische Arbeit erhielt ich durch eine Reise nach Jordanien (2009) und durch mehrere Arbeitsaufenthalte in Island (2015, 2016 und 2018) und aktuell in Okinawa/Japan 2023: Der leuchtend rote Kreis, das Sonnensymbol der Flagge Japans, ist ein ständiger Begleiter auf der Reise im Land der aufgehenden Sonne. Neben der Kreisform sind es auch die Schriftzeichen, die sich als grafische Strukturen im Bildgedächtnis verhaken. Ihre Bedeutung bleibt rätselhaft; sie bilden vertikale Zeichenketten, deren grafische Schönheit besticht.
Neben dem Kreissymbol und den Schriftzeichen werden Fundstücke aus Papier zu Hauptdarstellern einer grafischen Serie, die Collage und Zeichnung miteinander vereint: Papiertütchen für Geldgeschenke, magische Beschwörungsformeln auf eingefärbtem Seidenpapier, Origami-Faltanleitungen und ein gedrucktes Orakel sind Teil eines Bilderkosmos, der von mythologischen Tieren wie Schildkröte und Fuchs, Fisch und Drache (in Gestalt seines Feuers), bevölkert wird.
GUDRUN BRÜCKEL
Information
Eröffnung: am Donnerstag, 11. April 2024, um 19:30 Uhr
Ausstellungsdauer: 12.4. – 1.6.2024 (geschlossen vom 20.- 24.4.)
Sonderveranstaltung
Künstlergespräch mit Gudrun Brückel am 16. Mai 2024, um 19.30 Uhr
Im Kabinett
“there’s always a joker…”
Anton Paul Kammerer (1954-2021)
Collagen und Radierungen
Die Arbeiten von ANTON PAUL KAMMERER wirken wie aus der Zeit gefallen. Sie sind ganz einfach schön: die Dahlien- und Hortensiensträuße, die maritimen Bilder, die atmosphärischen Landschaften, die zahllosen Stillleben. Sie geben unserer Sehnsucht Nahrung. Der Künstler war ein Reisender zwischen den Welten. Er verband das was war, mit dem was ist und wagte zuweilen auch einen Ausblick in die Weiten des Werdens im Vergehen. Eine stille Melancholie weht zuweilen über den ockerfarbenen, erdbraunen, sepiareichen, blauen Untergründen.
KAMMERER lebte und arbeitete naturnah in seiner Enklave in Burgstädtel. Auf unzähligen Spaziergängen empfing er Inspirationen. Hier folgte ihm der Büffel, hier sah er den Mann mit Hund unter der Burgstädter Linde, hier schwelgte er im Borthener Blütenrausch. In Burgstädtel hatte er sich gemeinsam mit seinen Freunden der B53 – Bernd Hahn und Jürgen Wenzel – 1997 niedergelassen, um gemeinsam mit ihnen zu arbeiten. B53 ist eine Zeit-Geschichte, an der ANTON PAUL KAMMERER beteiligt war.
Er, der sich selbst einmal als „Zu-Spät-Romantiker“ bezeichnete, als „Meister der mitteldeutschen Collage“ und als größten „Papierschnipselverkleber der Welt“ kreiste mit seinen Arbeiten das gesamte Spektrum irdischen Seins ein und gelangte oftmals zu bewusstseinserweiternden Erkenntnissen. KAMMERER war ein Schatzgräber und ein Philosoph, orakelte mitunter ironisch auf den Papieren herum, brachte zusammen, was augenscheinlich nicht zusammengehört und jonglierte genussvoll mit Deutungen, Bedeutungen, Oberflächen und Hintergründen.
KAMMERER war ein wunderbarer Beobachter, ein ausgewiesener Zeichner und ein sinnlicher Maler. In gewissem Sinne ist er der Indianer „Red Cloud“, dem er 2000 eine ganze Bildserie widmete, der seinen Ritualen treu bleibt, stolzen Hauptes seine Herkunft nicht verleugnet und selbstbestimmt seinen Weg geht – den Osten im Rücken, mitten im Westen – zwischen Sonnenauf- und -untergang.
Karin Weber